BWF, Mandatswerbung mit Goldherausgabe?
Sehr geehrte Redaktion von diebewertung.de,
auch mir liegt das Anlegeranschreiben des Kollegen aus Bad Salzungen vom 24. August 2015 vor. Er führt darin aus, dass die Anleger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des BDT e.V. Ansprüche auf Goldherausgabe alternativ zu Auszahlungen geltend machen könnten. Ggf. bestünden sogar gemeinsame Herausgabeansprüche. Diese „müssten“ fristgerecht bzw. „zwingend“ empfohlen angemeldet werden, um berücksichtigt zu werden. Viele ehemalige BWF-Vermittler sehen sich nun entsprechenden Nachfragen von Anlegern gegenüber und kontaktierten uns deshalb. Ich habe u.a. Folgendes dazu ausgeführt:
Ob den Anlegern ein Aussonderungsrecht und damit ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gegen den Insolvenzverwalter des BDT zusteht, richtet sich danach, ob sie Eigentum an dem bei der Schuldnerin vorgefundenen „Gold“ erworben haben. Unabhängig davon, dass wohl viel weniger Gold vorgefunden wurde als von den (allen) Anlegern herausverlangt werden könnte, bezweifele ich einen Eigentumserwerb durch die Anleger. Ein Eigentumserwerb durch Einigung und Übergabe des zu übereignenden Gegenstandes nach § 929 BGB war in der vertraglichen Konstruktion nicht vorgesehen. Insofern kommt ein Eigentumserwerb grundsätzlich nur mittels Übergabesurrogat, hier Besitzmittlungsverhältnis, in Betracht. Problematisch ist allerdings bereits das Vorliegen einer Einigung (mit jedem Anleger) im Sinne der §§ 929, 930 BGB, welche zwingende Voraussetzung für den Eigentumserwerb ist. Sie setzt insbesondere die genaue Bezeichnung der zu übereignenden Sache voraus (Bestimmtheitsgrundsatz). Dieser ist gewahrt, wenn es infolge der Wahl einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind. Hierfür ist die Bezeichnung so bestimmt zu wählen, dass eine Unterscheidung von anderen Gegenständen unschwer möglich ist.
Eine derartige Individualisierung kann weder dem Antragsformular, noch der „Eigentumsurkunde“ entnommen werden. Der Antrag enthält lediglich die Kaufsumme. Darüber hinaus wird eine Vertragsnummer angegeben. Es wird insbesondere keine Seriennummer (Prägung) angegeben. Insofern ist der Gegenstand, an dem Eigentum oder Miteigentum erworben werden soll, nicht genau und unterscheidbar bezeichnet. Auch die an die Anleger im Nachgang übergebenen Eigentumsurkunden sind nicht geeignet, den Gegenstand der Übereignung zu individualisieren. Hier wird die bereits im Formular verwendete Vertragsnummer angegeben. Darüber hinaus wird zwar die Menge an Gold angegeben, welche erworben werden soll. Dies genügt für die Bestimmbarkeit jedoch nicht aus, da eine Unterscheidbarkeit anhand der Menge nicht erfolgen kann. Darüber wird in diesen Eigentumsurkunden lediglich ein „Anspruch auf das Eigentum“ formuliert, jedoch nicht die davon zu trennende Übereignungserklärung als solche.
Nachdem ausweislich der Vertragsbedingungen „Miteigentum nach Bruchteilen“ an einem „im Besitz der BWF befindlichen Sammelbestand an physischem Gold“ verschafft werden sollte, könnte man zwar grundsätzlich auch die Übereignung eines Teils einer Sachgesamtheit andenken. Doch auch für die Übereignung einer Sachgesamtheit, zumal mit wechselndem Bestand, ist eine Sammelbezeichnung unerlässlich. Diese wurde vertraglich jedoch nicht aufgenommen. Es heißt hier lediglich in den Bedingungen, dass die Lagerung in einem „von der BWF geführten Edelmetalllager“ erfolgt. Das Lager hätte hier wenigstens mit Anschrift und Raum bezeichnet werden müssen.
Des Weiteren ist für die Frage des Eigentumserwerbs durch die Anleger die Frage von Bedeutung, wer Eigentum überträgt (Verfügungsbefugnis). Derzeit vermag ich nicht einmal zu beurteilen, ob dies der BDT oder die TMS war. Auch die tatsächliche Verfügungsgewalt spielt eine Rolle; sie ist ebenso unklar.
Ich meine, dass für die – zumal anzahlmäßig unbegrenzt und nicht individualisiert – Anleger kein Goldherausgabeanspruch besteht. Abzuwarten ist, wie sich der Insolvenzverwalter des BDT e.V. am 4. September 2015 hierzu äußert.
Der Kollege aus Bad Salzungen suggeriert zudem, dass die angeblichen Goldherausgabeansprüche alsbald fristgerecht angemeldet werden müssten. Erfolge dies nicht, müsse dies der Verwalter nicht berücksichtigen. Der Kollege baut damit ein gewisses Druckmoment auf, welches durch die kurze Antwortfrist von einer Woche (dies wohl im Hinblick auf die Teilnahme an der Gläubigerversammlung am 4. September 2015) noch verstärkt wird.
Soweit damit der Eindruck erweckt wird, dass zwingend unverzüglich angemeldet werden müsse und andererseits ein Rechtsverlust drohe, ist dies jedoch falsch. Zweck der Vorschrift des § 28 Abs. 2 InsO ist die zügige Feststellung der Insolvenzmasse. Ein Ausschlusstatbestand wird weder mit dieser Vorschrift noch in Verbindung mit § 47 InsO statuiert. Insbesondere findet keine sachenrechtliche Zuordnung nach Ablauf einer bestimmten Frist oder im Falle des Versäumnisses statt.
Zudem ist der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, vom Gläubiger zwecks Identifizierung zu bezeichnen. Die Angaben des Gläubigers müssen im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis so konkret sein, dass eine zweifelsfreie Bestimmung ohne weitere Ermittlungen ermöglicht wird. Aus den oben genannten Gründen ist vorliegend diese Mitteilung durch Gläubiger bereits schwierig, da nicht genau bestimmt werden kann, an welchem Gegenstand oder welcher Sachgesamtheit ein Aussonderungsanspruch aufgrund bestehenden Eigentums besteht.
Der Insolvenzverwalter ist auch seinerseits verpflichtet, die in der „Istmasse“ vorgefundenen fremden Sachen sorgfältig zu behandeln und zu verwahren, sie gegen Verlust zu schützen und die verbotene Eigenmacht Dritter abzuwehren. Hat der Insolvenzverwalter nach durchgeführter Prüfung keine konkreten Anhaltspunkte für das Bestehen von Aussonderungsrechten, kann er solche aber auch nicht mit Sicherheit ausschließen, und hat er die bekannten Gläubiger von der Insolvenzeröffnung benachrichtigt, genügt er seiner Pflicht zur Rücksichtnahme, wenn er eine angemessene Zeit mit der Verwertung zuwartet.
Vorliegend drängt also keine Ausschlussfrist.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Blazek
BEMK Rechtsanwälte