Die Entscheidende Frage

Alle Gläubiger des insolventen Unternehmens Prokon habe eine Einladung zur nächsten Gläubigerversammlung erhalten: am 2. Juli 2015, 11.00 Uhr, Hamburg Messe, Halle B5/B6 (Eingang Süd), Karolinenstraße 1, 20355 Hamburg.

Wenn Sie als Gläubiger an der Abstimmung über die Insolvenzpläne teilnehmen möchten, müssen Sie entweder selbst auf der Gläubigerversammlung erscheinen oder einen bevollmächtigten Vertreter schicken. Eine vorherige schriftliche Abstimmung ist nicht möglich.

Der Insolvenzverwalter hat zwei unterschiedliche Insolvenzpläne ausgearbeitet, die gegebenenfalls nacheinander zur Abstimmung kommen sollen. Wird bereits der erste Plan – die Umwandlung von Prokon in eine Genossenschaft – von der Gläubigerversammlung angenommen, so wird der zweite Plan – Übernahme durch EnBW – nicht mehr zur Abstimmung gestellt.

Variante Genossenschaft

Im Fall der Umwandlung in eine Genossenschaft werden die Gläubiger nach Angaben des Insolvenzverwalters voraussichtlich eine Quote von rund 59 Prozent erhalten. Diese Quote setzt sich zusammen aus einer Wandlungsquote bzw. Abgeltungsquote von 24,4 Prozent sowie einer Anleihequote von 34,5 Prozent.

Die Wandlungsquote erhalten die Gläubiger, die ihre Genussrechte in Genossenschaftsanteile umwandeln, also Anteile im Unternehmen belassen möchten. Die Abgeltungsquote erhalten die Gläubiger, die sich lieber bar auszahlen lassen möchten. Allerdings erfolgt die Barauszahlung erst nach Verwertung von bestimmten Vermögenswerten von Prokon, also erst zu einem zukünftigen, jetzt noch nicht bekannten Termin. Die zusätzliche Anleihequote erhalten (fast) alle Genussrechtsinhaber; sie besteht in dem Recht auf Erwerb einer festverzinslichen Anleihe, die an der Börse gehandelt werden kann (Laufzeit bis 2030, jährlicher Zins 3,5 Prozent). Genussrechtsinhaber mit Forderungen bis zu lediglich 1.000 Euro können ihre Forderungen nicht in Genossenschaftsanteile umwandeln, sie erhalten im ersten Schritt die Abgeltungsquote von 24,4 Prozent und im zweiten Schritt eine Quote von 34,5 Prozent bar ausgezahlt, also keine Anleihe.

Die Abstimmung über die Umwandlung in eine Genossenschaft setzt allerdings die Zustimmung von umgerechnet 660 Mio. Euro Genussrechtsforderungen voraus. Diese Zustimmung kann nicht auf der Gläubigerversammlung erfolgen, sondern musste vorher bis zum 26. Juni 2015 dem Insolvenzverwalter gegenüber erklärt werden. Nur wenn genügend Genussrechtsinhaber der Umwandlung in eine Genossenschaft zugestimmt haben, wird also überhaupt über diesen Insolvenzplan abgestimmt.

Variante Übernahme durch EnBW

Wenn der Plan zur Umwandlung in eine Genossenschaft nicht zur Abstimmung kommt oder abgelehnt wird, wird über den Plan zur Übernahme von Prokon durch das Energieversorgungsunternehmen EnBW abgestimmt. Dieser Plan sieht vor, dass EnBW sämtliche Geschäftsanteile von Prokon übernimmt und die Insolvenzgläubiger mit einer Gesamtquote von rund 52 Prozent auszahlt. Die Gläubiger sollen sofort Barauszahlungen in Höhe von 34,1 Prozent erhalten und in einem späteren Schritt ca. 18,1 Prozent.

Genossenschaft oder Übernahme?

Welchen der beiden Pläne Sie bevorzugen und wie Sie sich bei der Abstimmung verhalten, hängt von Ihrer persönlichen Situation und Bewertung ab. Wenn Sie auf Barzahlungen angewiesen oder das lange Warten leid sind, sollten Sie erwägen, dem zweiten Plan (Übernahme durch EnBW) Ihre Zustimmung zu geben. Wenn Sie nach wie vor von der Zukunft von Prokon überzeugt sind und sich in der Genossenschaft gut aufgehoben fühlen und außerdem weiter bereit sind, dem Unternehmen Geldmittel zu überlassen, sollten Sie den ersten Plan (Umwandlung in eine Genossenschaft) abwägen. Es sollte Ihnen aber klar sein, dass die Geldanlage in einer Genossenschaft Risiken birgt, insbesondere kann im Fall einer Insolvenz auch hier das angelegte Geld verloren gehen.

Melden Sie sich bei uns: Wir wägen gemeinsam mit Ihnen ab, welche Möglichkeiten Sie haben und bieten Ihnen fachkundige Beratung zu allen Fragen rund um die Insolvenz Prokons an. Hier finden Sie eine Übersicht unserer Beratungsangebote und -zeiten.

Besser kontrollieren

In der Vergangenheit hatten wir Verbraucher immer wieder vor der Anlage in Genussrechten gewarnt und Prokon zur Unterlassung bestimmter Werbeaussagen gezwungen. Ältere Informationen zur Insolvenz des Unternehmens Prokon finden Sie in unseren Beiträgen „Prokon – wohin geht die Reise?“ und „Prokon droht mit eigener Pleite“.

Unternehmerische Beteiligungen sind und bleiben – insbesondere für Kleinanleger – hochriskante Geldanlagegeschäfte. Mittlerweile hat dies auch die Politik erkannt und mit Verabschiedung des Kleinanlegerschutzgesetzes, das in Kürze in Kraft treten wird, reagiert. Ob daraus allerdings tatsächlich ein besserer Schutz der Anleger vor unseriösen und riskanten Geldanlageprodukten folgt, bleibt abzuwarten.

Quelle:VZ Hamburg

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